Saturday, June 19, 2010
Mit dem freien Tag setzte gutes Wetter ein: die Temperaturen fielen zwar deutlich und es gab den ersten Nachtfrost; über Tag schien aber die Sonne von einem ungetrübten, blauen Himmel. Und so machten wir uns am Dienstag Mittag gegen 12:30 Uhr auf die Fahrt nach Miltenberg. Dort stand ein Auftritt im B. (name withheld) an. Die Stimmung in der Band war ausgezeichnet, denn die bisherigen Shows waren gut besucht und die Zuschauer begeistert.

Unterwegs hielten wir an einer der zahlreichen Raststätten auf der A3, die Musiker hielten Ausschau nach „Wurst“; mein Appetit auf Wurst war bis dahin schon im Wesentlichen gedeckt, obwohl das erste Drittel der Tour noch im vollen Gange war. Gegen 18:00 Uhr erreichten wir Miltenberg und checkten im Hotel ein. Hier wartete die nächste Überraschung auf uns: ein charmloser Hotelbau aus den 50er Jahren, ein Zimmer unter dem Dach mit drei Quadratmetern Grundfläche, kein WC, kein Waschbecken. Dafür eine integrierte (unsaubere) Duschkabine.

Beim Betreten des Zimmers musste ich zunächst den Koffer hineinstellen, weil der Raum einfach zu schmal war. Das Etagen-WC befand sich in ca. 1m Entfernung vom Kopfkissen meines Bettes! Diese unmittelbare Nähe sollte mir in der Nacht noch ein paar Probleme bereiten. Auch hier wollten wir uns nicht zu lange aufhalten und machten uns recht schnell auf den Weg zum Club. Dort angekommen vermittelte der Wirt gleich eine negative Grundstimmung, indem er von den schweren Zeiten sprach. Auf meine Frage, wie viele Tickets bereits im Vorverkauf abgesetzt wurden, antwortete er: „Keine“.

Der Club ist von oben bis unten mit Musik-Devotionalien vollgestopft und macht eher den Eindruck eines Rock’n’Roll Museums. Der Wirt berichtete, er habe bei Coverbands (Beatles, The Who, aktuelle Pophits, …) regelmäßig bis zu 600 Gäste in seinem Club. Danach verzog er sich und wir gaben unsere Essenbestellung bei der Kellnerin auf. Für uns gab es eine spezielle Speisekarte mit reduzierter, günstiger Auswahl; für reguläre Gäste des Clubs gab es eine separate und deutlich umfangreichere Speisekarte. Der Club verfügt über eine eigene Küche – leider hatte die Küche aber eine dermaßen starke Geruchsentwicklung (und ich spreche nicht von leckeren Kochgerüchen, sondern eher von dem Geruch, den ein Müllwagen an einem warmen Sommertag verströmt), dass uns schnell der Appetit verging.

10 Minuten vor dem Ende des (unbefriedigenden) Soundchecks wurde das Essen serviert und so schlangen wir kalte Pizza herunter. Während dieser Zeit tauchten erste Gäste des Restaurantbetriebs auf, diese verließen aber umgehend das Restaurant, als sie feststellten, dass an diesem Abend noch eine Band spielen sollte. Nach dem Abendessen hatten wir noch einige Zeit totzuschlagen, so dass wir uns dazu entschieden, in das Hotel zurückzufahren und dort abzuhängen. Und so schwangen wir uns in den Van und versuchten das Gespann zu wenden – was leider dazu führte, dass der Anhänger ge-jack-knifed, also eingeklemmt wurde und wir auf diese Weise die Hauptstraße durch Miltenberg vollständig für mehr als zehn Minuten blockierten. Den Volks-Auflauf hättet Ihr sehen müssen!! Die „Vollsperrung“ wird sicherlich das Top-Thema im lokalen Käseblatt gewesen sein!!

Nach kurzer Einkehr ins Hotel fuhren wir wieder zurück zum Club. Dieses Mal, ohne die Straße zu blockieren. Es hatten sich immer noch keine Gäste eingefunden und die Ungeduld stieg. Die Band war unzufrieden mit den Soundverhältnissen, hatten aber aufgrund des zu erwartenden „Besucherandrangs“ keine Lust auf weitere Streitereien mit dem Tontechniker. Innerhalb der nächsten 20 Minuten trudelten dann noch drei zahlende Gäste ein, ein zahlender Gast kam ca. eine halbe Stunde zu spät. Somit spielte die Band vor vier zahlenden Zuschauern ihre Show, verkaufte anschließend keine CD und machte sich nach dem Abbau auf den Rückweg zum Hotel. Im schmierigen Löffel angekommen, wollten die Jungs aber noch mal auf die Rolle gehen und ihren Frust ob der mageren Ausbeute von weniger als 30 EUR bekämpfen. Wir machten uns auf den Weg in die Altstadt von Miltenberg (aber ist dort nicht einfach alles „Altstadt“?) und fanden ein rustikales Weinlokal in einem alten Fachwerkhaus. Gegen 22:30 Uhr an diesem Dienstag-Abend war das Lokal noch gut besucht. Meine langhaarigen und tätowierten Begleiter wurden von der in Tracht gekleideten Kellnerin ständig argwöhnisch betrachtet, jedoch bedienungstechnisch weitestgehend ignoriert.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte ich die Gelegenheit, die Kellnerin anzusprechen und sie konnte nicht mehr ausweichen. Ich fragte, ob wir noch eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken bestellen könnten, woraufhin sie sehr erleichtert sagte: „Die Küche ist leider geschlossen, aber ich kann Ihnen eine Brauerei in der Nähe empfehlen!“. Sie war sehr erpicht darauf, das Rock’n’Roll Volk schnellstmöglich aus ihrer Kneipe hinaus zu komplimentieren. Und wir taten ihr den Gefallen und machten uns auf den Weg zum „Gasthaus zum Riesen“. Dort konnten wir noch einige Bierchen trinken, die Dessert-Karte austesten, um anschließend singend und johlend (wie es sich für langhaarige, tätowierte Musiker gehört) durch die Straßen zurück zum Hotel zu ziehen.

Gegen 1:30 Uhr waren wir müde und erschöpft in unseren Zimmern verschwunden. Gegen 4 Uhr wurde ich das erste Mal von der Benutzung des Etagen-WCs geweckt. Dorthin hatte sich scheinbar ein Raucher verzogen und hustete sich die Krebszellen aus den Lungenflügeln. Ich hatte das Gefühl, das Bett bebte von den Hustenattacken des Rauchers. Wie ich darauf kam, dass es sich um einen Raucher handelte? Das war eindeutig zu riechen. Mich packte eine fürchterliche Übelkeit und gegen 5 Uhr musste ich selbst das WC aufzusuchen, um mich der Pizza des Vorabends oral zu entledigen. Dabei entdeckte ich, dass das Waschbecken im Etagen-WC komplett mit Zigaretten-Asche vollgedreckt war. Kein schöner Anblick. Gegen 7 Uhr schlief ich wieder ein, konnte aber nachverfolgen, dass der Raucher zwischendurch noch zwei Mal das WC zwecks Abhustens benutzte.

Nach dem Frühstück traf ich mich zu einem Spaziergang mit Kevin und wir besichtigten die alte Burg über Miltenberg. (Foto Kevin) Am späten Vormittag trafen wir uns in der Innenstadt von Miltenberg, um beim Metzger frische Wurstwaren als Wegzehrung für die Strecke über Heilbronn nach Karlsruhe mitzunehmen (Foto).

Mit einer kleinen Selektion regionaler Wurstspezialitäten machten wir uns auf die malerische Strecke nach Heilbronn, wo wir uns mit Edgar Heckmann, dem Blue Rose Labelchef trafen. Wir wurden herzlich willkommen geheißen, sprachen über Leeroy’s Pläne, den Verlauf der aktuellen Tour und Neuerscheinungen auf Blue Rose. Edgar berichtete dann, er habe alles notwendige eingestielt, um den Auftritt in der Folgewoche in Heilbronn professionell auf Video zu bannen und von Andy Horn vertonen zu lassen.

Am frühen Nachmittag machten wir uns auf den Weg nach Karlsruhe, wo wir gegen 16:30 Uhr die Unterkunft, das Fünf-Sterne (!!) Renaissance-Hotel erreichten. Auch hier wurde uns wieder bewusst, dass das Parken eines Gespanns in einer Großstadt kein Vergnügen ist. Wir hatten noch Glück, dass wir nach zweimaligem Wenden einen Parkplatz direkt vor dem Hotel fanden. Nach dem Einchecken hielten wir uns noch ca. eine Stunde im Hotel auf, bevor wir zum Jubez fuhren. Leeroy Stagger & The Wildflowers sollten das Vorprogramm für Melanie Dekker, eine kanadische Sängerin, spielen.

Die Show fand auf der kleinen Bühne des Jubez statt. Die Räumlichkeiten waren sehr professionell, toller Sound, feines Licht, gute Leute. Betreut wurden wir vom sehr freundlichen und aufmerksamen Klaus-Peter Weber. Vor der Show wurde ein Essen serviert, das wir gemeinsam mit Melanie und ihrer Band aßen. Das Jubez hatte für diesen Zweck einen Koch im Haus, der ein herrliches Drei-Gang-Menü für uns hinzauberte. Ein großes Lob an den Veranstalter!

Die Show selbst war einigermaßen gut besucht (ca. 60 Zuschauer an einem Mittwoch Abend) und das Publikum sehr angetan von Leeroy’s Show. Hier gibt es noch ein Review der Veranstaltung. Melanie Dekker war mir als Person durchaus sympathisch,  mit ihrem Auftritt wurde ich nicht so richtig warm. Ich erinnere mich dunkel an einige Besucher des Konzertes, die Blumensträuße für Melanie mitbrachten. Aus einem dieser Sträuße nahm Melanie in der Zugabe eine Rose heraus und sang mit der Rose in der Hand einen melancholischen Song. Der Gedanke daran weckt selbst heute noch das Gefühl von „Fremdschämen“, aber die Melanie Dekker Fans waren aus dem Häuschen.

Gegen 1:30 Uhr erreichten wir wieder das Hotel. Der Parkplatz vor dem Haus war komplett besetzt und nach zweimaligem Abfahren der Straße entschieden wir uns dazu, das Gespann auf dem Bürgersteig direkt vor dem Hoteleingang zu parken. Es war spät in der Nacht, am nächsten Morgen wollten wir früh abreisen und so war die Wahrscheinlichkeit, einen Strafzettel zu erhalten, ausgesprochen gering.

Bevor wir uns am folgenden Tag auf den Weg nach Neuenkirchen-Voerden machten,  benötigten wir noch zwei neue Telefonkarten. In einem Düsseldorfer Telefonshop waren Ian und Tyson funktionsuntüchtige Karten verkauft. Der Telefonladen, den wir in Karlsruhe in der Nähe des Hotels aufsuchten war auch nicht wirklich vertrauenerweckend. Die dort erhältlichen Telefonkarten waren bereits freigeschaltet und wir testeten beide Karten direkt im Laden – erfolgreich - aus.

Bei herrlichem Herbstwetter fuhren wir in Karlsruhe auf die Autobahn. Geplant war auf dem Weg nach Neuenkirchen-Voerden noch ein Abstecher nach Ibbenbüren. Dort wollten wir Musik-Produktiv besuchen, um das Depot an Gitarrensaiten aufzufrischen bzw. neue Drumsticks zu besorgen. Das Navigationssystem hatte für die Route 4½ Stunden Fahrtzeit berechnet. Das sollte allerdings ein Trugschluss werden, denn die A5 zwischen Karlsruhe und Frankfurt, sowie die A45 im Sauerland waren von Mega-Staus betroffen. Die Musiker nutzen die lange Fahrtzeit für einen ausgiebigen Schlaf (siehe Foto). Es war bereits gegen 17:00 Uhr, als wir Musik-Produktiv erreichten. Nach einer halben Stunde Aufenthalt machten wir uns weiter auf den Weg, aber auch die A1 von Osnabrück bis Neuenkirchen-Voerden war ein einziger Stau. Gegen 19:00 Uhr trafen wir in der Pension „Cafe Pension Wahlde“ ein. Die Anreise dauerte somit fast 10 Stunden!!

Der Sohn des Hauses stellte sich als „Däniel“ vor, war überrascht, dass es eine deutschsprachige Begleitung gab. Die Band wurde auf zwei Doppelzimmer verteilt, ich erhielt ein Einzelzimmer ohne WC und Dusche mit dem Hinweis „für eine Nacht müsse das ja mal gehen“, überbracht mit einem peinlichen Lächeln. Das Zimmer selbst war eine Katastrophe (Fotos einbinden). Aus dem Fensterrahmen hing die Dichtung ins Zimmer, die Tapete war um das Bett herum komplett vergilbt (es machte den Anschein, es handelte sich um Fettspritzer), der Teppichboden verdreckt, die Matratze durchgelegen, die Möbel verstaubt … aber das Thema hatten wir ja schon mal: It’s only Rock’n’Roll … Auch hier wurde der Eindruck, den die kanadischen Gäste von einer Einrichtung namens „Pension“ hatten, weiter gefestigt.

Wir waren bereits spät dran und beeilten uns, zum Kulturbahnhof zu fahren. Dort wurden wir bereits sehnlichst von Dieter Blanke und seinem Team erwartet. Dieter ist ein sehr freundlicher Kämpfer für gute Musik und man merkt ihm schnell an, dass sein Herzblut in der Veranstaltungsreihe des Kulturbahnhofs Neuenkirchen-Voerden steckt. Bühne, Licht und Sound waren auch hier vom Allerfeinsten. Leider waren wir durch die späte Anreise dazu gezwungen, das Abendessen erst nach der Show zu uns zu nehmen. Beim Transport der Backline auf die Bühne kam es aufgrund eines Missverständnisses zwischen Kevin und einem Bühnentechniker dazu, dass Kevin mit einem schweren Transportkoffer in der Hand stürzte und von dem Ereignis offenbar so geschockt war, dass er an diesem Abend über kaum etwas anderes sprechen konnte, als dass er sich beinahe eine Hand gebrochen hätte.

Der Soundcheck war anschließend schnell und professionell abgewickelt. Die Show kam prima beim Publikum an, es wurden zwei Zugaben gespielt. Die Zuschauer forderten eine dritte Zugabe, aber der Hunger bei den Musikern war größer: die Show musste ein Ende haben und es musste etwas zu Essen geben.

Im Kulturbahnhof bekocht eine liebenswürdige, ältere Dame die musikalischen Gäste aus dem In- und Ausland und so konnten wir ein wunderbares, frisch zubereitetes Essen genießen: gebratenes Schweinefilet in Champignon-Rahm-Sauce mit Bratkartoffeln und Gemüse. Lecker. Selbst heute noch läuft mir bei dem Gedanken daran das Wasser im Mund zusammen.

Für den folgenden Tag stand die (relativ) kurze Fahrt von Neuenkirchen-Voerden nach Frelsdorf (bei Bremerhaven) auf dem Programm. Da wir ausreichend Zeit hatten, fuhren wir mit dem Gespann bei unwettermäßigem Regenfall zunächst für eine Stadtbegehung nach Bremen. Relativ schnell fanden wir in Innenstadt-Nähe eine gute Parkmöglichkeit für unser (gefühltes 20m-langes) Gespann. Mit der Ankunft in Bremen hörte das Unwetter auf, der Himmel klarte auf und die Sonne kam zum Vorschein. Wir entdeckten gleich zu Beginn einen Plattenladen, den Kevin Kane als Fundgrube betrachtete. Für die nächste Stunde sollten wir den Ort nicht verlassen.

In der Bremer Innenstadt fand ein mittelalterlicher Markt statt und wir probierten verschiedene, leckere Kleinigkeiten. Wir besuchten die „Unsere lieben Frauen Kirche“, bestaunten das Rathaus, den Roland, die Bremer Stadtmusikanten und begaben uns in den Bremer Bleikeller zur Besichtigung der Mumien. Zum Mittagessen kehrten (die meisten von uns) in den Bremer Ratskeller zu einem deftigen Bremer Mahl ein, bevor wir uns auf den Rückweg zum Van machten.

Ca. 500m bevor wir das Fahrzeug erreichten, verdunkelte sich der Himmel und es begann erneut zu regnen. Ca. 90 Minuten später erreichten wir Frelsdorf und checkten im Hotel Kluster Hof ein. Das Hotel hat den Charme der 60er Jahre und ist über und über mit Jagdtrophäen ausgestattet. So gab es kaum Wandflächen, an denen keine ausgestopften Tiere montiert waren. Ich freute mich dieses Mal über ein Zimmer mit Dusche UND WC!

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